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Teil 2: Mit E-Bike und Hund auf Fahrradreise durch Europa

Im zweiten Teil des Interviews erfährst du mehr über Iris Joschkos Erfahrungen mit dem Equpiment, welches Material sie empfehlen kann und wie es war nach sechsmonaten wieder nach Hause zu kommen.

Hier geht es zum ersten Teil des Interview.

Outdooractive: Das Equipment ist bei einer solchen Reise ein wichtiges Thema. Viele Fernreisenden nehmen bei ihrer ersten Tour viel zu viel mit. Welche Erfahrungen konntest du sammeln und auf welche Ausrüstung verzichtest du mittlerweile?

Iris: 2020 habe ich eine weitere Fahrradtour durch Schottland gemacht. Dort sah meine Ausrüstung schon etwas anders aus als bei der Osteuropatour 2019. Ich hatte dieses Mal Ersatzschläuche für mein Fahrrad und einen Hundeanhänger dabei. Außerdem waren Bremsbeläge im Gepäck – in Serbien machte ich die Erfahrung, dass diese nicht überall vorrätig sind.
Ich hatte 2019 mehrere Schlösser dabei. Eins für das Fahrrad, eins als Reserve und sogar eins für Zuri. Das war einfach viel zu viel Gewicht – und nicht unbedingt nötig. Zumeist habe ich mein Fahrrad nur mit einem Rahmenschloss gesichert, da es sowieso zu schwer war, um einfach weggehoben zu werden. Jetzt nehme ich nur noch eine schwere Kette mit, um das Rad nachts zu sichern.

„Zu Beginn hatte ich 4 kg dabei, aber das merkt man an jedem Berg. Ich bin recht schnell dazu übergegangen, nur noch 1–2 kg mitzunehmen und in lokalen Supermärkten Futter nachzukaufen.“

Ich habe auf der Reise 2019 festgestellt, dass ich am liebsten im Freien schlafe. So merke ich, wenn jemand kommt und habe mein Fahrrad besser im Blick. Für die Reise durch Schottland habe ich einen Biwaksack gekauft, weil mich die Mücken sonst komplett aufgefressen hätten. Außerdem habe ich immer ein Solarpanel dabei, welches mir genug Strom zur Verfügung stellt, um tagsüber meine GoPro und mein Handy zu laden. Meine E-Bike-Akkus habe ich immer in den Restaurants oder Cafés geladen, in denen ich Pause gemacht habe. Weitere Geräte zu laden, war mir aber unangenehm. Zudem gab es meist nur eine Steckdose. Durch das Solarpanel bin ich etwas autarker.

Nicht fehlen darf ein zweiter Akku fürs E-Bike, da dieser bei Bergetappen auch nach 20–50 km schon leer sein kann. Ich überlege sogar, mir einen dritten Akku zu kaufen – einfach zur Sicherheit.

Das Bosch Schnellladegerät 6A ist auf Reisen Gold wert, weil es einen Akku von 500 Watt innerhalb von 3 Stunden vollständig lädt. Und ich nehme mittlerweile zwei große Powerbanks mit, um auch an Regentagen genügend Strom zu haben.

Meine Kleidung besteht ausschließlich aus Merinowolle, da diese Textilien nicht so schnell Gerüche aufnehmen und sehr angenehm auf der Haut liegen. Dadurch benötige ich insgesamt weniger Kleidung.

Das Schwierigste bzw. Schwerste ist das Futter für Zuri. Zu Beginn hatte ich 4 kg dabei, aber das merkt man an jedem Berg. Ich bin recht schnell dazu übergegangen, nur noch 1–2 kg mitzunehmen und in lokalen Supermärkten Futter nachzukaufen. Zuri ist normalerweise sehr wählerisch, aber sie hat die Futterwechsel auf Reisen immer sehr gut vertragen.

Outdooractive: Viele scheuen sich davor, allein auf Reisen zu gehen. Was sind deine Erfahrungen – oder hast du vielleicht einen Tipp für unsere Leser?

Iris: Ich bin unterwegs vielen Menschen begegnet, die mir gestanden, dass sie sich so etwas nicht trauen würden. Das ist schade, aber auch verständlich. Wir werden in den Nachrichten ständig mit den schlechten Seiten des Menschen konfrontiert. Wir vergessen dabei jedoch, dass es so viele hilfsbereite und freundliche Menschen gibt. Mir hat die Reise das Vertrauen in die Welt zurückgegeben, weil mir in jeder schwierigen Situation jemand ungefragt zur Hilfe kam.

„Angst ist etwas ganz Natürliches. Angst ist wertvoll und sie hat die Funktion, uns am Leben zu halten. Die Angst einfach zu ignorieren, halte ich für sehr gefährlich. Man darf sein Leben aber auch nicht vollständig an der Angst ausrichten, denn dann wird sie zum Gefängnis.“

Ich habe mich immer von meinem Bauchgefühl leiten lassen. Wenn mir ein Schlafplatz ein ungutes Gefühl gab, bin ich lieber noch ein paar Kilometer weitergefahren. Die innere Stimme wird lauter, wenn man anfängt, auf sie zu hören. Manchmal kann es schwierig sein, Angst von Intuition zu unterscheiden. Die Intuition ist ein plötzliches Wissen. Sie ist ruhig, eher neutral und kommt oft als schneller Impuls. Angst hingegen ist viel emotionsgeladener. Die Unterscheidung wird mit etwas Übung immer einfacher.

Niemand muss direkt eine große Reise machen. Mir persönlich hat z. B. der Alpe Adria Radweg von Österreich nach Italien sehr gut gefallen. Er ist super ausgebaut, vielfach autofrei und es gibt viele organisierte Übernachtungsmöglichkeiten vor Ort. Warmshowers.org und Couchsurfing.com sind auch gute Möglichkeiten, Einheimische kennen zu lernen. Dort kann man sich auch im Voraus Bewertungen von anderen Usern anschauen.

„Ich fühle mich beim Fahrradfahren wirklich in der Welt. Hier bei mir zu Hause habe ich manchmal das Gefühl, dass sich das Leben woanders abspielt, weil die Tage doch alle sehr ähnlich sind.“

Outdooractive: Hast du dennoch manchmal Angst?

Iris: Natürlich. Als ich mein Lager einmal im Wald aufgeschlagen habe, bin ich mitten in der Nacht aufgewacht und habe gemerkt, dass Zuri weg war. Ich hörte viele Tiergeräusche, ohne etwas sehen zu können. Dann habe ich nach Zuri gerufen und es dauerte ewig lange, bis sie wieder zurückkam. Auf einmal war ich mir unsicher, ob es vielleicht Wölfe oder Bären gibt – und das machte mir große Angst. Mit Zuri neben mir habe ich mich dann wieder sicherer gefühlt, weil ich weiß, dass sie Tiere oder Menschen durch ihr Bellen verjagen würde. Ich hatte auch Pfefferspray dabei. Auch wenn ich es nie gebraucht habe, hat es mir nachts dennoch Sicherheit gegeben. Trotzdem ist mir an über 50 Übernachtungsplätzen in der Natur, in Stadtparks und sogar einmal an einer Bushaltestelle nie ein Mensch oder Tier begegnet.

Wenn ich einer Einladung nachgekommen bin, habe ich mich immer sehr viel entspannter gefühlt, wenn die Gastgeber Frauen oder Paaren waren. Ich habe auch überraschenderweise sehr viele Einladungen von Frauen auf der Straße erhalten.

Letztes Jahr in Schottland machte ich auch eine interessante Erfahrung. Ich erhielt eine Einladung über Instagram von einem älteren Mann. Er war super sympathisch und wir haben auch jetzt noch Kontakt. Er hat mir nach der Reise erzählt, dass seine erwachsenen Kinder ihm damals Druck gemacht hatten, weil sie nicht wollten, dass er mich zu sich einlädt. Sie hatten Angst um ihn und fürchteten, dass ich ihm etwas antun könnte. Mir war nicht klar, dass auch Männer Angst vor Frauen haben.

Angst ist etwas ganz Natürliches. Angst ist wertvoll und sie hat die Funktion, uns am Leben zu halten. Die Angst einfach zu ignorieren, halte ich für sehr gefährlich. Man darf sein Leben aber auch nicht vollständig an der Angst ausrichten, denn dann wird sie zum Gefängnis. Es ist wichtig, zu lernen, woher die Angst kommt und sie zu hinterfragen. Hält die Angst einen von etwas ab, was man eigentlich möchte, oder ist sie ein Hinweis darauf, dass wir uns in eine gefährliche Situation begeben? Wenn ich Angst spüre, hilft es mir oft, langsam und tief zu atmen, mich auf meinen Atem zu konzentrieren und mich einfach langsam an die Angst ranzutasten.

Outdooractive: Wie war es für dich, wieder nach Hause in den Alltag zurückzukommen?

Iris: Es war schön und komisch zugleich. In den ersten Wochen habe ich es einfach nur genossen, in meinem Bett aufzuwachen, Ruhe zu haben und die Eindrücke verarbeiten zu können – und nicht im Regen draußen radeln zu müssen. Wenige Monate später hat es mich aber schon wieder in den Fingern gejuckt und ich habe mir überlegt, wohin unser nächstes Abenteuer gehen könnte. Durch Corona waren erstmal alle Grenzen dicht. Als eine Öffnung in Sicht war, habe ich mich entschieden, Schottland zu bereisen – und nur Schottland. Innerhalb eines Landes (so vermutete ich) würde es einfacher sein, sich an die geltenden Regeln zu halten. Außerdem musste ich so keine Angst haben, dass die Grenzen wieder dicht gemacht werden und ich nicht weiterkomme.

Ich fühle mich beim Fahrradfahren wirklich in der Welt. Hier bei mir zu Hause habe ich manchmal das Gefühl, dass sich das Leben woanders abspielt, weil die Tage doch alle sehr ähnlich sind. Daher ist es mein Ziel, zumindest einmal im Jahr mit Zuri auf Radreise zu gehen.

Outdooractive: Wie sehen deine weiteren Pläne aus?

Iris: Ich hoffe, dass sich die Reisebeschränkungen bald wieder lockern und es wieder möglich wird, ohne Schwierigkeiten durch verschiedene Länder zu reisen. Interessieren würde mich das Baltikum, aber auch eine Ostseeumrundung bis nach Finnland fände ich spannend. Mein großer Traum wäre es, mit Zuri Kanada zu durchqueren, aber da bräuchte ich wohl einen ganzen Sommer. Vielleicht ein Plan für 2022. 😊

Outdooractive: Iris, vielen Dank für das Gespräch, die vielen Tipps und wir wünschen dir viel Spaß bei deinen weiteren Touren.

Mehr über Iris Reise durch Europa kannst du im ersten Teil des Interviews nachlesen und auf Iris Blog und YouTube Kanal.

Iris Joschko – YouTube

Earth the beauty – Blog

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